Wolgograd

980 km von Moskau

Land und Leute, Geschichte
die meist zerstörte Stadt
im Zweiten Krieg
Auferstanden aus Ruinen
Oktober 2018
Anna Safronowa
Erlebnisse

  • zum 85 Meter hohen Mutter-Heimat-Denkmal am Mamajew Hügel hochgehen
  • die lutherische Kirche der Herrnhuter Brüdergemeine aus 1772 besichtigen
  • das weltgrößte Lenin-Denkmal bewundern
  • die Wolga mit dem Schiff befahren und den Wasserblick auf Wolgograd genießen
Wolgograd ist eine Millionenstadt im Süden Russlands an der unteren Wolga ca. 500 km nordöstlich vor ihrer Mündung ins Kaspische Meer. Gegründet im 16. Jahrhundert hatte es verschiedene Namen, wurde aber als die Stadt Stalins und Ort der härtesten Kämpfe im Großen Vaterländischen Krieg 1942-1943 weltbekannt. Wir werden die Geschichte von Zarizyn / Stalingrad / Wolgograd kennenlernen, die Steppenlandschaften der Wolga genießen, den Wolga-Don-Kanal sehen, alte Siedlung der Wolgadeutschen Alt Sarepta besichtigen und uns an die Schlacht um Stalingrad am berühmtesten Kriegsdenkmal Russlands auf dem Mamajew Hügel erinnern.

Partnerstädte in Deutschland: Köln, Chemnitz


    Mehrere Reisenden kennen den alten Namen Stalingrad und kommen in diese Stadt, um die mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs verbundenen Orte zu besuchen. Wolgograd ist das Stadtdenkmal der Schlacht, im Winter 1942/43 der Wendepunkt des härtesten Krieges des vorigen Jahrhunderts.

    Damals lag die Stadt völlig in Trümmern. Es blieb kein einziges unbeschädigtes Gebäude und keine einzige Familie, die keinen Angehörigen verloren hatte. Wenn man auf die Zahlen der Opfer auf beiden Seiten schaut (nach groben Einschätzungen sind es mehr als 2 Millionen Menschen) und die Gedenktafeln an den Massengräbern liest, scheint kein einziger Meter Erde hier nicht blutgetränkt geblieben zu sein.

    Tausende von russischen und deutschen Touristen reisen jährlich nach Wolgograd. Wir erinnern uns an die Gefallenen und tun unser Bestes, damit sich der Krieg nie wiederholt. Im Jahr 2018 besuchte ich Wolgograd als Mitglied einer Reisegruppe der „Gesellschaft für Bürgerrecht und Menschenwürde" aus Deutschland, um die freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern zu stärken. Diese Reise war gekennzeichnet durch eine berührend und warmherzige Atmoshäre. Ich habe nette Menschen kennengelernt und bin sehr stolz darauf, dabei gewesen zu sein.

    Man muss mindestens einmal im Leben nach Wolgograd kommen. Für sich selbst, für unsere Kinder und zur Beantwortung eigener Fragen. Das moderne Wolgograd ist nicht nur die Militärgeschichte, sondern auch das alte Zarizyn (ehemaliger Name von Wolgograd), ein malerischer Hafen an der unteren Wolga und eine sehenswerte Stadt, in der man ein paar Tage während der Rundreise in Südrussland verbringen kann.

    Zaryzyn

    Die Stadt ist wirklich groß. Sie erstreckt sich über 90 km entlang der Wolga von der Mündung des Flusses Zariza bis zum Wolga-Don-Kanal. Dieses riesige Steppengebiet zwischen der Wolga und dem Don gehörte in der Antike der Goldenen Horde, geriet erst im 16. Jahrhundert unter die Regierung Russlands und verteidigte seitdem seine südlichen Grenzen.

    Die alte Festung, Wehranlagen und die meisten vorrevolutionären Bauten sind nicht erhalten. Zuerst fielen sie Feuersbrünsten zum Opfer, dann gingen Kirchen und Klöster im ideologischen Kampf der Bolschewiki gegen die Religion verloren. Schlachten im Krieg in der Innenstadt zerstörten schließlich das, was übrigblieb. Heute ist Wolgograd eine Nachkriegsstadt mit wenig erhaltener ursprünglichen Architektur. Einige Kirchen, Kaufmannshäuser, Theater und Lehranstalten aus dem 18.bis 19. Jahrhundert im klassizistischen Stil wurden nach dem Krieg wiederaufgebaut.

    Das älteste Stadtviertel, in dem man noch die historische Atmosphäre des alten Zarizyns findet, ist die Siedlung der Deutschen „Alt Sarepta". Was haben sie in den russischen Steppen so weit von Deutschland entfernt gemacht? Im Jahr 1765 wurden sie von der russischen Zarin Katharina der Zweiten nach dem Süden Russlands eingeladen und gründeten nicht weit von Zarizyn ihre Kolonie namens Sarepta (nach dem Namen des Flusses Sarpa). Es waren Angehörige der Herrnhuter Brüder, einer evangelischen Missionsgemeinschaft die auch in anderen Teilen der Welt siedelten. Sie entwickelten Sarepta zum wirtschaftlichen, geistlichen und kulturellen Zentrum des südlichen Russlands. Sie führten die erste Wasserleitung, Elevatoren, eine Bibliothek, und ein Museum ein. Lokale Wissenschaftler entwickelten Medizin, Technik, Industrie und Pflanzenanbau.

    Heute gehört das Freilichtmuseum Alt Sarepta zu Wolgograd und ist auf den ersten Blick nicht einfach zu finden. Zuerst fährt man auf der langen Uferstraße an der Wolga zur südlichen Stadtgrenze, dann hält man mitten im typischen Wohnbezirk an. Da offenbart sich ein Häuserviertel als Architekturinsel einer kleinen deutschen Siedlung. Dort ein paar Schritte und plötzlich erscheint vor uns eine kleine lutherische Kirche aus dem Jahr 1772, im Stil, wie sie die Herrnhuter überall gebaut haben.


    Dort befindet sich als Kleinod eine Orgel, die extra aus Deutschland hierher transportiert wurde. Während unserer Gruppenreise lernte ich Herrn Wolfgang Kroschel kennen, der bei diesem Transport von Deutschland nach Russland dabei war. Diese wichtige und abenteuerreiche Reise hat er in seinem Buch „Der Orgel weiter Klang" beschrieben.
    Wolgograd, diese Stadt war jedem in der DDR aufgewachsenen ein fester Begriff für die Wende in dem Krieg, mit dem die großmäuligen Deutschen Europa und besonders diese Stadt an der Wolga überzogen.

    Aber bei allem, bei Literatur, Filmen, Berichten, war uns die Stadt trotzdem weit weg und ein richtiges Bild wollte sich – im Gegensatz zu Moskau oder St. Petersburg - im Detail nicht einstellen.

    Da bekam ich durch eine „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme" im Jahre 2005 die Gelegenheit, als Sprachmittler in diese Stadt zu fahren. Mit einem Transporter und zwei Lkw, die eine zerlegte Orgel im Schlepp hatten um diese fast 3000 Kilometer durch Polen und die russische Steppe „erfuhren", um sie in Sarepta, südlich von Wolgograd, in ein „Kirchlein" der Herrnhuter Brüdergemeine einzubauen. Dieses war vor gut zweieinhalb Jahrhunderten errichtet worden, als die Zarin Katharina II. deutsche Menschen zur Besiedlung des Wolgagebiets einlud.

    Dieser abenteuerlichen Reise schlossen sich mehrere nach Sarepta an und durch die „Gesellschaft für Bürgerrecht und Menschenwürde" lernte ich auf weiteren Reisen das (Schicksals-)Bild dieser Stadt kennen. Wie anders reich ist diese Stadt! Nicht goldene Kirchtürme, nicht üppige historische Denkmäler. Nein: auf 90 Kilometer erstreckt sich eine aus Trümmern wieder empor gewachsene Stadt, die die Nähe des Wolgawassers mit dem würzigen Duft der südrussischen Steppe mischt, in der die Klänge der Donkosaken aus dem eigenen Theater ins Freie strömen und Lust auf einen Besuch eines der Kosakendörfer befördern.

    Und es ist nicht zuletzt das unendlich erscheinende Gräberfeld von Rossoschka, auf dem internationale Jugendbrigaden immer noch die Überreste der Schlacht von Stalingrad bergen.
    Das schweigende riesige Feld birgt vor allem deutsche aber auch Knochen ihrer „Verbündeten" und, durch eine Straße getrennt, die Gräberfelder der Sowjetsoldaten.

    Über beiden möge sich der friedliche Himmel von Stalingrad wölben und in die Welt von heute ausstrahlen.

    Wolfgang Kroschel
    Reisender
    Neben Orgelkonzerten lernt man in Sarepta die Lebensweise der Herrnhuter kennen, besucht alte deutsche Häuser und Werkstätten und verkostet traditionelle Küche der fleißigen Kolonisten. Dieses authentische Viertel am Stadtrande sieht sehr ungewöhnlich unter typisch sowjetischen Blockbauten aus. Aber fast um die Ecke liegt eines der Symbole der Sowjetzeit - das größte Lenin-Denkmal der Welt.
    Lenin-Denkmal in Wolgograd am Wolga-Don-Kanal
    Das größte Lenin-Denkmal der Welt

    Stalingrad

    Nach der Revolution 1917 und dem Bürgerkrieg in von 1918 bis 1922 erhielt Zarizyn den Namen von Joseph Stalin, der sich aktiv an der bolschewistischen Bewegung in der Stadt beteiligte. Stalingrad wurde zum wichtigen Zentrum der Industrialisierung des neugebildeten sowjetischen Staates. Hier entstanden große Fabriken und entwickelte sich Industrie und Schifffahrt auf der Wolga. Am südlichen Stadtrande nahe Sarepta wurde der Wolga-Don-Kanal angelegt, dank dem die Wolga-Route durch den Don zum Asowschen und Schwarzen Meer führte und das Kaspische Meer den Zugang zum Weltozean erhielt.

    Ursprünglich sollte der Kanal auch den Namen von Stalin tragen. An der Wolga wurde das Denkmal zu seinen Ehren errichtet. Doch nach dem Stalins Tod wurden seine Handlungen neu bewertet und der staatliche Personenkult um Stalin verurteilt. Im Rahmen der Entstalinisierung wurden alle Denkmäler im ganzen Lande abgerissen, Städte und Straßen mit seinem Namen Stalin umbenannt. Der Wolga-Don-Kanal erhielt den Namen Lenins. Das riesige Stalin-Denkmal blieb nur auf Fotos erhalten, stattdessen wurde Wladimir Lenin auf den Sockel gestellt. Der Autor des Denkmals ist Jewgeni Wutschetitsch, der auch die berühmten sowjetischen Denkmäler am Mamajew-Hügel und im Treptower Park in Berlin geschaffen hat.

    Das höchste Lenin-Denkmal der Welt misst 57 Meter. Man sieht es schon von der Brücke über den Kanal: es erhebt sich über den Dächern von Hochhäusern und beeindruckt schon aus der Ferne, ob von Land oder Wasser.

    Hier sieht man auch, wie Fracht- und Passagierschiffe die Schleuse Nr. 1 des Wolga-Don-Kanals den feierlichen Festbogen passieren. Wer mit einem Motorschiff in Südrussland unterwegs ist, genießt diese Aussicht vom Wasser aus und betrachtet die Skulpturen auf den Bögen von 13 Schleusen zwischen der Wolga und dem Don. Der Kanal wurde nach dem Krieg im Jahr 1952 eröffnet. Hunderttausende freie Arbeiter, russische und deutsche Gefangene arbeiteten am Bau. Über die Geschichte und Anlagen berichten die Reiseleiter im kleinen lokalen Wolga-Don-Kanal-Museum.

    Wolga-Don-Kanal in Wolgograd
    Schleuse Nr 1 des Wolga-Don-Kanals
    Die feierliche sowjetische Architektur wird oft als stalinistischer Empire-Stil bezeichnet. Seine Grundlage sind lange, breite Alleen, geräumige Plätze für Demonstrationen und Paraden, monumentale Gebäude mit strengen Linien verziert mit ideologischen Symbolen, riesige Denkmäler, die die Größe des sowjetischen Volkes und der Führer des Kommunismus verherrlichen sollen. Sie sehen die Stalinarchitektur noch überall in den Städten der ehemaligen Sowjetunion. Stalingrad als Symbol des Sieges wurde vollständig entsprechend dieser Idee aufgebaut und präsentiert nun besonders das sowjetische Bauensemble der Architektur in breiten Prospekten, Plätzen, Parks und Kriegsdenkmälern.

    Während des Krieges wurde die Stadt zu 90 Prozent zerstört, es gab sogar eine Diskussion über die Unzweckmäßigkeit der Restaurierung: geplant war der Bau einer neuen Stadt in der Nähe, und die Ruinen von Stalingrad sollten zum Freilichtmuseum werden. Aber auch hier sprach Stalin sein Machtwort aus. Er befahl die Stadt um jeden Preis wiederaufzubauen – die Restaurierungsarbeiten begannen bereits 1943. Es wurden zahlreiche Denkmäler und Gedenkstätten geschaffen, und einige Bauten blieben unberührt als Erinnerung an die schreckliche Seite der Stalingrader Geschichte.
    Daneben befindet sich der nachgebaute Brunnen „Kindertanz". Während der Kämpfe waren alle umliegenden Gebäude zerstört. Und die auf wundersame Weise überlebten Kinderfiguren neben Stadtruinen wirkten sehr überraschend und wurden zum Symbol der ewigen Erinnerung und der Wiedergeburt des Lebens nach dem Tod.
    Kindertanz Stalingrad
    Kindertanz Wolgograd
    Wir kommen zur Gerhardt-Mühle. Auf einer gepflegten Straße am Ufer der Wolga blickt uns ein großes Gebäude der ehemaligen Dampfmühle aus dem frühen 20. Jahrhundert mit leeren zerstörten Augenhöhlen entgegen. Das Dach stürzte ein, in den dicken Ziegelmauern klaffen Löcher von Waffen und Sprengbomben, die 1942 darauf abgeworfen wurden. Dies ist das beeindruckendste Denkmal des Großen Vaterländischen Krieges, das ich gesehen habe. Kein einziges Denkmal von einem talentierten Bildhauer und kein Museum mit einer Ausstellung militärischer Artefakte berichtet so genau und ehrlich über die Schrecken des Krieges wie sein wahrer Teilnehmer, Zeuge und Opfer, auch wenn es sich nicht um einen Menschen handelt, sondern um ein Gebäude.

    Daneben befindet sich der nachgebaute Brunnen „Kindertanz". Während der Kämpfe waren alle umliegenden Häuser zerstört. Und die auf wundersame Weise überlebten Kinderfiguren neben den Stadtruinen wirkten sehr überraschend kontrastreich und wurden zum Symbol der ewigen Erinnerung und der Wiedergeburt des Lebens nach dem Tod.

    Im Militärmuseum «Schlacht um Stalingrad» gehen wir durch alle Phasen der Kämpfe an der Wolga, erfahren Geschichten von Soldaten, Offizieren, Kommandanten, sehen persönliche Gegenstände, Briefe, Waffen, Fotos, Propagandaplakate und tauchen vollständig in die Atmosphäre dieser schrecklichen 200 Tage. Zum Schluss kommt man nach oben - unter der Kuppel ist ein riesiges 120 m langes Rundpanorama, das Bilder, persönliche Tragödien und wichtige Ereignisse der Schlacht um Stalingrad auf einem Gemälde zusammensetzt.

    Teil des Panoramagemäldes "Schlacht um Stalingrad"
    Ein weiterer bedeutender Ort im Krieg war das zentrale Kaufhaus. In seinem Keller befand sich das Hauptquartier des Kommandeurs der 6. Armee der Wehrmacht Generalfeldmarschalls Friedrich Paulus. Hier wurde er Anfang 1943 gefangen genommen. Hinter einer unscheinbaren Tür zum Keller blieb alles fast so erhalten wie damals: ein Labyrinth aus Gängen, Stabsräumen, ein Lazarett und sogar eine Weihnachtsdekoration von 1942. Um diesen Ort zu bewahren, gaben sich Wolgograder Historiker viel Mühe und eröffneten ein kleines Museum, das ausführlich über die letzten Tage der Armee von Paulus berichtet.

    Das Hauptziel jedes Touristen in Stalingrad ist der Mamajew Hügel. Dies ist der Ort, wo die härtesten Kämpfe um die Stadt und den Zugang zur Wolga stattfanden. Die Höhe 102,0 (so wurde der Hügel auf Militärkarten genannt) wurde zum Symbol der Stadtverteidigung und zum Massengrab für 35.000 Soldaten. Auf der Spitze liegt das berühmteste Militärdenkmal und eines der Symbole Russlands - die 87 Meter hohe Statue „Mutter Heimat ruft". Nach dem Bau im Jahr 1967 wurde sie höchstes Denkmal der Welt. Der Mamajew Hügel ist ein monumentales Ensemble, zu dem eine breite Treppe führt. 200 Stufen symbolisieren 200 Tage der Verteidigung von Stalingrad.

    Mutter Heimat ruft auf dem Mamajew-Hügel in Wolgograd Russland
    Mutter Heimat ruft
    Tipp von Anna: der Weg zur Spitze des Mamajew Hügels beginnt unten. So wurde es von Architekten konzipiert – die Skulptur Komposition erscheint vor den Augen stufenweise, von unten nach oben. Wenn Sie nicht bereit sind, die lange Treppe hinaufzusteigen, gibt es auch eine Möglichkeit zum Denkmal auch von oben zu kommen, aber der Eindruck ist ein ganz anderer
    Der riesige Komplex des Mamajew Hügels versetzt die Besucher sofort aus der modernen Stadt in die dramatische Atmosphäre der Stalingrader Schlacht. Man sieht Gesichter der Soldaten, für immer bewahrt in Plastiken und Reliefs, hört Kriegslieder und Radiodurchsagen von der Front. In der roten Gedenkhalle brennt die ewige Flamme, gerichtet in den friedlichen Himmel, unter welchem wir heute dank denen leben, deren Namen mit Blut auf diese Wände geschrieben wurden. Die Erinnerung an sie lebt weiter.
    Mamajew-Hügel in Wolgograd Russland
    Verteidiger des Mamajew-Hügels
    Hier gebietet es sich zu schweigen. Hier scheut sich niemand, seine Tränen zu zeigen. Hier sucht man die Namen der Väter und Großväter in der Liste und kommt von allen Ecken, auch wenn man weiß, dass sie schon auf keinem Grabstein zu finden sind.

    In Stalingrad kreuzen sich die Geschichten Russlands und Deutschlands. Hier vereinigen sich unsere Völker zum Gedenken an unsere verstorbenen Vorfahren. Hierher kommen Schuldelegationen, öffentliche Organisationen, Touristen und einfache Leute. Auf der Suche nach eigener Familiengeschichte oder zum Andenken an die gefallenen Landsleute besuchen die Reisenden das kleine Dorf Rossoschka 35 km von der Stadt entfernt. Während des Krieges befand sich an der Stelle ein deutscher Friedhof, der schließlich zu einer großen gemeinsamen Gedenkstätte wurde, auf dem Tausende deutscher und sowjetischer Soldaten zusammen ruhen.

    Dies ist ein sehr mächtiger Ort. Auf beiden Seiten der Dorfstraße liegen unzählige Gräber und Denkmäler. Links - sowjetisch: teilweise restaurierte Namen auf Grabsteinen und geschädigte Militärhelme der bei Ausgrabungen gefundenen Soldaten. Rechts - deutsch: große Granitwürfel mit endlosen Reihen von Namen mit Geburts- und Sterbedaten. Und Massengräber auf dem Feld. Hier gibt es keine Fremden und Freunde mehr. Zu beiden Seiten sind nun Erinnerung, Tränen und rote Nelken.

    Wolgograd

    Im alten Zarizyn war die Wolga eine wichtige Handelsstraße, die den Süden mit Kasan und Zentralrussland verband. Im besetzten Stalingrad wurde die Wolga zur strategischen Linie der Verteidigung. Und im modernen Wolgograd ist die Wolga endlich der beliebteste Erholungsort der Einheimischen. Abends geht es hinunter zur Uferpromenade. Sie wirkt auch monumental und feierlich.

    Den besten Blick hat man natürlich vom Wasser aus. Mit einem Schiffchen geht es auf eine Wolgareise beim Abendlicht. Die Wolga öffnet das Panorama auf die bereits am Tage besuchten Sehenswürdigkeiten: die Mutter-Heimat-Statue, das Museum der Schlacht um Stalingrad und die für die Spiele der WM 2018 errichtete Wolgograd-Arena.
    Auf der Wolga
    Auch in der Nacht lohnt sich wieder der Besuch am Mamajew Hügel. Unter Beleuchtung wird dieser erstaunliche Ort in einen absolut magischen verwandelt. Die Mutter-Heimat schwebt über der schlafenden Stadt, auf ihrem Schwert leuchten Signallichter wie bei Flugzeugen, die Monumente sehen noch dramatischer aus und spiegeln sich in der schwarzen Wasserfläche.

    Die militärische Ehrenwache hat keinen Feierabend. Die Gedenkhalle ist rund um die Uhr geöffnet. Bei Nacht scheint es, die langsam rund um die ewige Flamme gehenden Menschen vollziehen eines feierliches Ritual. Das Ganze macht einen großen unvergesslichen Eindruck. Wieder zurück auf der Höhe 102,0 wirft man den letzten Blick von oben auf die beleuchtete Stadt und möchte Wolgograd für den warmen Empfang danken und für immer nur einen friedlichen Himmel wünschen.

    Gedenkstätte auf dem Mamajew-Hügel in Wolgograd Russland
    Leute betreten die Gedenkhalle am Mamaew Hügel
    Wolgograd ist für alle eine Reise wert, die sich an die Vergangenheit erinnern, die Gegenwart schätzen und an die Zukunft denken. Das ist nicht nur ein Museum mit zahlreichen Ausstellungsräumen, Dokumenten und militärischer Ausrüstung (obwohl es hier auch solche gibt), sondern ein lebendiger Zeuge des schrecklichen Krieges. Um sich mit historischen Ereignissen vertraut zu machen und das Gedächtnis der Gefallenen zu ehren, kann man eine spezielle Reise nach Wolgograd für ein paar Tage oder einen Zwischenstopp während der Rundreise im Süden Russlands einplanen.
    Reisekarte Wolgograd
    Wolgograd
    • ANREISE: Wolgograd liegt auf den Routen der südlichen Wolga- und Donkreuzfahrten und ist mit Moskau, Sankt Petersburg und anderen Großstädten im Süden mit Fluglinien und Zügen verbunden
    aus Moskau: 2 Stunden mit dem Flieger oder 18 Stunden
    mit dem Nachtzug
    aus Sankt Petersburg: 2.5 Stunden mit dem Flieger

    • EMPFOHLENE REISEDAUER: 2 Tage
    • EMPFOHLENE REISESAISON: April - Oktober
    • WEITERREISE:
    Astrachan: 5 Stunden mit dem Zug
    Rostow am Don: 11 Stunden mit dem Nachtzug
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